Tag 9: Amberger Hütte - Zwieselstein

Etappe 9: Amberger Hütte (2.135m) - Zwieselstein (1.470m)
Distanz/ Gehzeit 19,5 km / 7:15 Std.
Höhenmeter 3.550 m (1.450m Auf- und 2.100m Abstieg)
Dauer (addiert) Amberger Hütte (2.135m) - Abzweigung Kuhscheibe 2.685m (1:20h) - Gletschersee unterhalb Atterkarjöchl 2.840m (1:45h) - Atterkarjöchl 2.967m (3h) - Kaiserbergalm [nicht bewirtschaftet] 1.980m  (4:30h) - Sölden 1.321m (6h) - Zwieselstein 1.470m (7:15h)
Charakter Lange, konditionell und technisch sehr anspruchsvolle Tour. Gletscherquerung, hinter Atterkarjöchl kurz recht steil bergab u. nicht seilversichert, ab Kaiserbergalm steiler Waldweg runter gen Sölden mit hoher Kniebelastung
Karten Kompass Wanderkarte: WK 43 Ötztaler Alpen
Online Karten
GPS-Track

Schräge Satellitensicht auf die Route (Blick Richtung Südost)

Routenübersicht der Etappe 9 Amberger Hütte - Zwieselstein auf dem L1

Google Maps Übersicht der Routenführung im Geländebild


Automatisches Höhenprofil mit Bezug zur Karte oben:

Routenbeschreibung

Dem blauen Himmel des Vortags sind die tiefhängenden Wolken gewichen. Der Blick ins Tal wirkt ein bisschen bedrohlich.

Blick von der Amberger Hütte im Nebel

Und ich bin aufgeregt und gespannt auf den heutigen Tag. Heute steht die erste Gletscherquerung an. Laut dem Erfindender des L1 sollte die Wegführung keine schweren Gletscherquerungen beinhalten, heute Abend werde ich wissen, ob dies (noch) stimmt. Die Hüttenwirtin konnte mir keine rechte Auskunft zum Weg und der Schnee-/Eisbeschaffenheit erteilen. Vor 10 Tagen sei der letzte Wanderer über das Atterkarjöchl zur Hütte gewandert und hätte sich verletzt. Er sei am Hang im Gletscherschnee ausgerutscht. Mir ist etwas mulmig zu Mute, ich gehe aber los, umdrehen kann man ja immer noch.

Der Wegweiser im Nebel weist den Weg. Zunächst geht 20 Minuten ins das flache Tal hinein. Dann biegt man rechts ab und ersteigt den Hang.

Wegweiser zum Atterkarjöchl

So sieht der Trampelpfad den Hang hinauf aus, offensichtlich sehr wenig begangen.

Aufstieg rechts aus dem Tal hinter der Amberger Hütte

Kurz bevor mich die Wolken vollends einhüllen ein Blick zurück. Die Amberger Hütte ist bereits von den Wolken verschluckt, ein weiterer Wanderer läuft entlang dem mäandrierenden Fluss, wohl Richtung Gletscher.

Südlich der Amberger Hütte: Flußmäander im Nebel

Wirklich sehr einsam der Pfad, aber immerhin markiert.

Immerhin eine Markierung

Es wird immer kälter und nebliger. Links und rechts zeugen große Schuttmoränen von den ehemaligen Gletschern, hier auf inzwischen 2.700m. Es ist totenstill, der Nebel schluckt alles. Ein bisschen gespenstisch die Stimmung.

Blick auf die Gletschermoränen

Vorbei an der Abzweigung zum Gipfel der Kuhscheibe.

Hinter der Amberger Hütte - Abzweig zur Kuhscheibe auf dem Weg zum Atterkarjöchl

Immerhin wachsen in dieser kargen und lebensfeindlichen Umgebung sogar kleine Blümchen. Und ich bilde mir ein (und hoffe ein klein bisschen), dass der Gletscher vielleicht auch schon geschmolzen sein könnte...

Blümchen mit Seitenmoröne

... aber nein, es gibt ihn doch noch. In Wolken eingehüllt wartet er auf die seltenen Wanderer. Seine ganze Größe kann man nicht erkennen...

Gletscher unterhalb des Atterkarjöchl

Der Weg am Gletscherrand ist noch komplett eingeschneit, Spuren sind im Schnee kaum auszumachen. Immerhin sind die Steine am Rand der Seitenmoräne (im Foto ganz rechts) markiert. Aber es ist ohnehin klar wohin es geht. Immer bergauf.

Am Fuße des Gletschers

Im Schnee neben der Seitenmoräne breche ich immer wieder knie- bzw. sogar hüfttief ein, so dass ich mich entscheide, vorsichtig auf die Seitenmoräne zu wechseln und dort aufzusteigen. Die Steine sind extrem locker, ein falscher Tritt, und ich stoße vermutlich eine kleine Steinlawine los. Vorbei an den zerbrochenen Wanderstöcken eines Wander-Vorgängers arbeite ich mich langsam weiter bergauf. Hier der Blick von der Seitenmoräne nach links auf den Gletscher, etwa auf der Hälfte des Anstiegs.

Blick auf den Gletscher unter dem Atterkarjöchl

Ich steige und klettere über die großen Steine immer weiter auf und habe die Scharte schon vor Augen, da fällt mir ein, dass ich ja noch links über den verschneiten Gletscher muss. Verdammt, ich bin zu hoch gestiegen und habe die Farbmarkierung nicht gesehen. Diese ist natürlich zu allererst sichtbar für Wanderer auf dem Schnee neben der Seitenmoräne, nicht jedoch für mich oben auf der Seitenmoräne. Ein Blick auf die Karte und das GPS bestätigt meine Vermutung, ich muß diese wirklich lockere Seitenmoräne vorsichtig wieder ein Stück absteigen. Dann erblicke ich auch das größere rot-weiße Zeichen an den Felsen auf der anderen Gletscherseite und quere das eher kurze Stück. Hier der Blick nach oben auf die Seitenmoräne und die "falsche Scharte", bevor ich links über den Schnee quere.

Kurz vor der Querung zum Atterkarjöchl

Der Schnee ist sehr sulzig und weich. Ohne Steigeisen oder Grödel scheint mir Fußtreppen treten sehr angebracht, zumal hier keine Handy-Empfang ist. Dann erreicht man die obere Randspalte des Gletschers am Fels.  Dort ist eine Seilsicherung mit verankerten Fußtritten angebracht. Wirklich komfortabel gehen lässt es sich aber nicht, das Seil hängt an einigen Stellen teilweise ziemlich durch und ist teilweise vom Schnee überdeckt.

Seilversicherug am Gletscher unterhalb der Seilversicherung

Und dann ist es endlich geschafft: das Atterkarjöchl, 2.970m.

Markierung des Atterkarjöchl

Die Wolken geben zunächst nur unwillig den Blick auf den Grat links und rechts sowie die umliegenden Gipfel mit Gletschern frei.

Atterkarjöchl auf 2970m im NebelDas Jöchl

Doch dann öffnet sich das ganze Panorama über das riesige Atterkar südlich des Jöchl - und die Gletscher links

Panorama Blick vom Atterkarjöchl RIchtung Süden auf 2.970m

Und selbst hier oben, wo der Wind immer wieder gnadenlos pfeift, hat sich die Natur noch ein Plätzchen gesucht.

Blümchen

Der Blick runter ins Kar. Direkt hinter dem oben sichtbaren Steinmännchen (mit halbem Ski) geht es einige Meter senkrecht abwärts. Hier sollte man nicht hinunterklettern, sondern auf dem Grat einige Meter nach links gehen (ausgewiesen mit Farbmarkierung), dann erkennt man einen besser passierbaren schmalen Abstiegspfad, der sich zunächst ein kurzes steiles Stück am Karrand entlang schmiegt. Obwohl es neben dem Pfad teilweise steil bergab geht, sind keine Seilsicherungen vorhanden. Hier ist definitiv Trittsicherheit angesagt, zumal man zügig Höhenmeter verliert. Vor meinem morgendlichen Aufbruch meinte die Hüttenwirtin, Wanderer würden den Tagestrip unterschiedlich einschätzen. Manche empfänden den rutschigen Gletscher als wenig komfortabel, andere fühlen sich bei dem steilen Abstieg hinter dem Joch unwohl. Ich verstand beides.

Blick ins Atterkar

Sobald der Boden des Kars erreicht ist, geht es ein langes Stück nahezu eben durch die menschenleere Geröllwüste. Da freut man sich über andere, kaum scheue Lebewesen, die es auf das karge Gras abgesehen haben.

Schafe

Trotz des Nebels wirkt die Natur nun wieder viel freundlicher (vermutlich auch weil die Unsicherheit des Gletschers hinter mir liegt). Diese Weite, Menschenleere und Ruhe hat auch etwas total Beruhigendes. Bald stoße ich auf den sprudelnden Atterbach, am dem ein wirklich knuffiger Pfad entlangführt, immer weiter gen Sölden.

knuffiger Weg am atterbach

Dann geht es wieder steiler abwärts, man nähert sich dem Ötztal. Vorbei an einer verlassenen Scheune und der (nicht bewirtschafteten Kaiseralm), die sich gut für ein Picknick eignet.

Scheunenefenster

Und dann öffnet sich das erste Mal der Blick ins Ötztal Richtung Sölden.

Blick RIchtung Sölden

Der Weg führt in den Wald hinein, bleibt aber teilweise sehr steil, trotz der Serpentinen. Ich merke kräftig meine Knie.
Und was für ein Farbtupfer!

Farbtupfer

Es geht immer weiter bergab, und kurz vor Sölden (auf inzwischen 1.460m) gibt es sogar wieder Weiden (die noch traditionell bearbeitet. werden, oder soll dies die Touristen erfreuen?!)

traditionelle Heubewirtschaftung kurz vor Sölden

In Sölden angekommen genehmige ich mir erst mal ein fettes Kaltgetränk. Anschließend kaufe ich einer Apotheke eine Kniebandage (die mit dem Loch über der Kniescheibe). Das ständige bergab geht kräftig auf die Gelenke und Sehnen. Nach über 6 Stunden in den Schuhen soll ich diese in einem kleinen Raum der Apotheke sogar ausziehen, um die Bandage anzuprobieren. Obwohl ich bestimmt nicht mehr nach Rosen dufte... Hart im Nehmen, die österreichischen Apothekerinnen!

Was soll's, von Sölden nach Zwieselsteins ist es noch knapp über eine Stunde zu Fuß, man kann auch einen Bus nehmen.

In Zwieselstein befindet sich eine DAV-Selbstversorgerhütte, aber ich entscheide mich für ein Hotel mit Sauna und Dampfbad für meine müden Knochen.

Übernachtungsmöglichkeiten

Talhütte Zwieselstein (DAV-Selbstversorgerhütte)
Hüttenadresse:  Nr. 19
6450 Sölden/Zwieselstein
Tel: +43 5254 2763 und direkt über die DAV-Geschäftsstelle Regensburg
Tel. +49 941 56 01 59
www.alpenverein-regensburg.de/index.php/component/content/article/9-stue...
info@alpenverein-regensburg.de
17 Zimmer- und 18 Lagerplätze

Gasthof Hotel Neue Post
Direkt im "Zentrum" des Dorfes bei der Bushaltestelle
Tel. +43 5254 2910
ww.post-soelden.at
info@post-soelden.at
DZ ca. 50€
Hotel hat seine beste Zeit hinter sich... aber mit Sauna etc.